Nicht allein die erneuerbaren Energien sind Ursache des wachsenden Ausbaubedarfs. Auch der gemeinsame europäische Strombinnenmarkt spielt eine wesentliche Rolle. Denn eine Voraussetzung dafür sind mehr und leistungsfähigere Verbindungen ins Ausland. Die Verbraucher tragen ebenfalls zu den Veränderungen im Stromnetz bei. Anders als zu Zeiten regionaler Monopole können sie ihren Stromlieferanten heute frei wählen. Als Folge ist die Zahl der Anbieter im Markt in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Strom wird mehr und mehr zu einem auch international handelbaren Gut. Geschäftsbeziehungen erstrecken sich über große Distanzen. Die Energie muss daher teilweise in großen Mengen über weite Strecken transportiert werden. Es ist also reichlich Bewegung in die Stromversorgungskette gekommen. Trotzdem muss sie zu jeder Zeit stabil bleiben. Dies zu sichern, ist eines der wichtigsten Ziele der deutschen Energiepolitik. Erreicht werden kann es nur, wenn wir uns jetzt intensiv mit dem Thema Netzausbau auseinandersetzen. Angesichts des Klimawandels und der Atomkatastrophe von Fukushima hat sich Deutschland zu einer Energiewende entschlossen. Die Folge: Der Anteil der CO2-ausstoßenden Kraftwerke an der Stromerzeugung soll langfristig deutlich sinken. Atomkraftwerke werden von 2022 an gar keine Rolle mehr spielen. Die erneuerbaren Energien sollen diesen Rückgang ausgleichen. Ihr Ausbau läuft seit einigen Jahren in rasantem Tempo. Doch noch sind unsere Stromnetze nicht auf den Transport der erneuerbaren Energien ausgelegt. Mitunter passiert es deswegen sogar, dass Windräder abgeschaltet werden, obwohl es kräftig bläst. Der Grund dafür: Die erzeugte Energie kann schlicht nicht mehr abtransportiert werden.
Es sind gleich mehrere Schwierigkeiten, die den Netzbetreibern zu schaffen machen:
1. Atom- und Kohlekraftwerke sind große und leistungsfähige Anlagen, die zurzeit nahe an den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands Strom erzeugen. Um mit Windkraft, Sonnenenergie und Biomasse dieselbe Menge an Strom zu erzeugen, sind dagegen viele kleine, in Deutschland verteilte Erzeugungsanlagen notwendig. Der dezentral erzeugte Strom muss darum gewissermaßen eingesammelt und zu den Verbrauchern transportiert werden.
2. Oftmals lassen sich die erneuerbaren Energien gerade dort besonders wirtschaftlich nutzen, wo kein oder kaum Strom verbraucht wird. Ein Beispiel sind Windparks auf offener See, wo fast immer eine ordentliche Brise weht. Zudem eignen sich nicht jede Industrieregion und jeder Ballungsraum dazu, dort in ausreichender Menge Windräder und Solarmodule aufzustellen. Die Folge ist, dass deutlich mehr Energie als bisher über große Distanzen transportiert werden muss – vor allem aus dem Norden in den Süden und den Westen Deutschlands. Das bestehende Netz stößt bereits jetzt an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit.
3. Auf den Nieder- und Mittelspannungsebenen werden immer mehr Anlagen für erneuerbare Energien installiert. An guten Tagen, wenn zum Beispiel die Sonne bei wolkenlosem Himmel scheint oder der Wind kräftig bläst, wird teilweise lokal mehr Energie erzeugt, als verbraucht wird. Die überschüssige Energie fließt dann von unten nach oben, also aus dem Niederspannungs- über das Mittelspannungs- und Hochspannungs- ins Übertragungsnetz. Diese Energie muss abtransportiert und an anderer Stelle verbraucht werden. (Quelle: Bundesnetzagentur).